Mäeutik in der Praxis im BAPH Peuerbach
Auf einen Blick
Organisation | Bezirksalten- und Pflegeheim Peuerbach |
Träger | Sozialhilfeverband Grieskirchen |
Qualitäts- und Ergebnisfelder |
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Kurzbeschreibung
Das mäeutische Modell der „Erlebensorientierten Betreuung und Pflege“ basiert auf der Erlebenswelt der Bewohnerin bzw. des Bewohners und jener der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters. Dem Kontakt, in den beide miteinander treten, kommt in diesem Modell die zentrale Bedeutung zu. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sich bewusst werden, dass jeder Kontakt auf beiden Seiten Gefühle auslöst. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versuchen durch Beobachtung, das aktuelle Befinden wahrzunehmen, zu erkennen und dann mit fachlichem und Erfahrungswissen zu reagieren. Kenntnisse aus der Biographie sind hilfreich, doch im Mittelpunkt steht das aktuelle Gefühl. Für alle Betroffenen ist es wichtig, die gefühlsmäßige Wechselwirkung zu verstehen und zu ermöglichen. Dadurch können Stress- und Konfliktsituationen gemeinsam bewältigt werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erlernen für das mäeutische Pflegemodell eine eigene Methodik. Diese umfasst methodische und didaktische Herangehensweisen, wie z.B. das Umgehen mit Spannungsfeldern, es integriert aber auch bestehende Konzepte und gängiges anerkanntes Fachwissen. Der gesamte Betreuungs- und Pflegeprozesses wird durch Formulare unterstützt. Die Wissensvermittlung in Theorie und Praxis erfolgt mittels einer eigenen Schulungsdidaktik, welche auf Kommunikation, Reflexion und Dokumentation basiert. Der Paradigmenwechsel aus der Funktionspflege hin zu einer erlebensorientierten Beziehungspflege ist verbunden mit einem Werte- und Einstellungswechsel, der sich durch die gesamten Strukturen und Prozesse der Einrichtung zieht. Wenn die Bewohnerinnen und Bewohner etwa zu unterschiedlichen Zeiten frühstücken, hat das Auswirkungen auf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Betreuung und Pflege (Unterstützung bei der Körperhygiene), der Küche (Zubereitung der Mahlzeit, Geschirrversorgung) und der Hauswirtschaft (Reinigung). Deshalb sind alle Mitarbeiterinnen aller Funktionsbereiche entsprechend geschult.
Entstehungsprozess
In den Jahren 2006 bis 2011 wurde das mäeutische Pflege- und Betreuungsmodell implementiert. Dieses Modell hat die niederländische Krankenschwester und Historikerin Dr. Cora van der Kooij für den gerontopsychiatrischen Bereich entwickelt. Es kombiniert eine neue Sichtweise über Betreuung und integrierende Versorgung mit dem Gedanken der „Lernenden Organisation“. Die Konzentration der Sichtweise auf das „Ich-Erleben und Verhalten in der Demenz“ ergänzt die Methodik. Das Modell wurde im Leitbild des Hauses verankert und ist seit 2014 in die Methodik der Pflegevisite eingearbeitet. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus (Pflege und Betreuung, Küche, Wäscherei, Reinigung, Haustechnik, Verwaltung) erhalten anhand eines speziell für das Haus konzipierten Programms Fortbildung und „Training on the Job“. Mentorinnen und Mentoren unterstützen die gelebte Praxis. Die Planung, Durchführung und Dokumentation der Betreuung und Pflege wurden in das EDV-System Care Center eingearbeitet.
Zielsetzungen
- Eine Betreuung und Pflege, die sich am Erleben der Bewohnerinnen und Bewohner im Hier und Heute des Heimalltags orientiert.
- Eine höhere subjektiv erlebbare Lebensqualität, die durch die Aufrechterhaltung des individuellen Lebenskonzeptes, durch ein Gleichgewicht zwischen Autonomie und Abhängigkeit und durch die Beibehaltung eines möglichst selbstbestimmten Alltags auch in einer Form des „institutionellen Zusammenlebens“ für die Bewohnerinnen und Bewohner entsteht.
- Ein ausgeprägtes Verständnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was ihre spezifischen Aufgabengebiete und die Auswirkungen ihres Handelns auf das gesamte Haus betrifft.
- Eine Lebens- und Arbeitssituation, die Sicherheit, Wertschätzung und Empathie vermittelt.
Auswirkungen
Durch die gesetzten Maßnahmen ist das Betreuungs- und Pflegemodell durchgehend präsent und das bedürfnis- bzw. erlebensorientierte Denken spiegelt sich in sämtlichen Handlungen und Abläufen wieder. Da die aktuellen Gefühle von allen Beteiligten vorrangig beachtet werden, hat die situationsgerechte Betreuung den notwendigen Stellenwert bekommen, die Forderung nach Funktionspflege rückt in den Hintergrund und hat sich auf das tatsächlich notwendige Maß reduziert. Die Bewohnerinnen und Bewohner erhalten die Leistung, nach der sie gerade verlangen, zu dem Zeitpunkt, zu dem sie diese gerade benötigen. Die gesetzten Maßnahmen haben das Bewusstsein der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verändert. Sie handeln überlegter, bewohnerinnen- und bewohnerorientiert und identifizieren sich deutlich mehr mit ihrem Berufsbild und den Zielen der Einrichtung. Durch das Beobachten und Ansprechen von Situationen reduzieren sich Missverständnisse und Meinungsverschiedenheiten. Der Kontakt zu und die Zusammenarbeit mit den Angehörigen sind deutlich entspannter und weniger konfliktbehaftet.